Ich werde immer mal wieder (wenn auch insgesamt wirklich sehr selten) in Bewertungen (interessanterweise fast ausschließlich für die iOS-Version von SmartRace) mit dem Vorwurf konfrontiert, man werde in meiner App „abgezockt“. Nutzer regen sich darüber auf, dass es In-App-Käufe gibt und dass man ja im Prinzip „jedes Feature extra dazu kaufen“ müsse. Manche gehen sogar so weit, mir deshalb Betrug vorzuwerfen, was ich natürlich sehr schade finde.
Warum es grundsätzlich In-App-Käufe in SmartRace gibt, habe ich ja hier schon versucht zu erklären. Trotzdem fühle ich mich gedrängt, nochmal speziell Stellung zum Thema „Abzocke“ und „Betrug“ zu beziehen. Ich persönlich war immer der Meinung, dass etwas dann „Abzocke“ ist, wenn man bestohlen wird. Beispielsweise wenn ich für eine 500g-Tüte Chips bezahle, aber nur 250g drin sind. Oder wenn ich einen Gin-Tonic bestelle, am Ende aber nur Tonic drin ist. Manche sind aber offenbar überzeugt, es sei Abzocke, wenn man Geld für ein vollwertiges Produkt bezahlt und dann selbst entscheiden kann, ob einem Zusatzfeatures (die nicht jeder braucht) einen zusätzlichen Betrag X wert sind – kostenpflichtige Erweiterungen eben.
Manchmal frage ich mich schon, woher diese möglichst-billig-oder-besser-umsonst-Mentalität kommt. Klar, 10€ sind viel für eine App (übrigens verhältnismäßig wenig für Software im Allgemeinen). Und natürlich sind 3-4€ für ein Add-On auch nicht wenig. Aber was ist die Alternative? Soll ich meine Arbeit einfach verschenken? Welcher Preis ist angemessen? Darf eine App maximal 99 Cent kosten und die Add-Ons sollen möglichst kostenlos sein? Soll ich die Produktion der App (und den Support) in ein Billiglohnland auslagern?
Zusätzlich dazu gibt es auch ab und zu Nutzer, die laut eigener Aussage sehr gut beurteilen können, ob meine App das Geld wert ist, was ich dafür verlange und sogar einschätzen können wollen, wie viel Arbeit in der App steckt. Wenn ich sowas lese, muss ich immer ein bisschen schmunzeln. Dazu mal ein paar Fakten:
- SmartRace umfasst mittlerweile mehr als 17.000 Zeilen selbstgeschriebenen Code (ohne Leerzeilen etc.), der von mir alleine gewartet, erweitert, bereinigt und aktualisiert wird.
- Die App unterstützt 6 Major-Versionen von Android und 4 von iOS, die getestet und gepflegt werden müssen, ganz abgesehen von verschiedenen Geräte-Formaten. Das Erscheinen neuer Versionen bedeutet für mich in der Regel Aufwand – mindestens Testaufwand, oft aber auch Aufwand für Anpassungen im Code oder der Plattform an sich.
- Es gehen über verschiedene Plattformen (E-Mail, Facebook, Chat, Support-Plattform) pro Woche zwischen 50 und 150 Anfragen ein (teilweise bezogen auf die App, teilweise allgemeine Fragen zur Bahn), die alle von mir beantwortet werden.
- Vom Erlös jeder verkauften App und jedes In-App-Kaufs behalten Google bzw. Apple ca. 40%, vom Rest decke ich meine Kosten (Betriebskosten der Website, Entwickler-Lizenz für iOS, Anschaffung von Geräten zum Testen, ganz zu schweigen von Arbeitszeit) und das Finanzamt hält logischerweise ebenfalls die Hand auf – eigentlich eher beide Hände.
- Der Markt für meine App ist ein absoluter Nischenmarkt. Die wenigsten haben eine Carrera-Bahn, noch weniger eine digitale und nur ein kleiner Teil davon ist die Zielgruppe meiner App. SmartRace ist deshalb absolut nicht vergleichbar mit Massenmarkt-Apps, die sich zigtausende (oder sogar Millionen) Male verkaufen.
Manchmal frage ich mich auch, wie eigentlich die Verhältnismäßigkeit bei der Beurteilung der Kosten meiner App ausfällt. Jeder, der die App kauft, hat zwischen 200€ und 500€ (eher deutlich mehr) für die Anschaffung von Bahn, Autos und sonstigem Zubehör ausgegeben. Eine einfache Plastikschiene kostet zwischen 6€ und 9€. Carrera verlangt für den AppConnect-Adapter ab 25€ und liefert dazu eine eher mäßig nutzbare App. Die einzige ernsthafte Alternative zu SmartRace kostet 30€ (wobei der Entwickler übrigens keine vergleichbaren Kosten für den Vertrieb hat). Und dann sind 10€ + ein paar Euro für die Add-Ons Abzocke und Betrug?